Jüdischer Schriftsteller und Regisseur Ron Segal eröffnet Veranstaltungsreihe „Jüdisches Kaleidoskop“ in der Rolandstadt
Jüdisches Leben in Vergangenheit und Gegenwart. Diesen Bogen spannt am Mittwochabend der jüdische Schriftsteller und Regisseur Ron Segal in der Stadtbibliothek BONA.
„Ich bin tatsächlich das erste Mal in Perleberg.“ Mit diesen Worten begrüßt Ron Segal die Besucher seiner Lesung. Er ist in die Rolandstadt gekommen, um seinen Debütroman „Jeder Tag wie heute“ vorzustellen, aber auch darüber zu berichten, dass er gerade dabei sei, diesen Roman zu verfilmen, als Animationsfilm zu realisieren.
Segal weiß, dass das Thema Holocaust oft thematisiert wurde und so wertet er seinen Roman als Post-Holocaust-Literatur. „Wie wir auf die Ereignisse heute als dritte Generation danach es sehen“, sagt er.
Der Autor ist 1980 in Israel geboren, lebt seit neun Jahren in Berlin, in dem Ort, in dem seine Urgroßeltern lebten, ein Geschäft in Schöneberg betrieben. An der Goltzstraße 32 in Berlin-Schöneberg erinnern zwei Stolpersteine an die Großeltern seiner Mutter, die nach Riga deportiert wurden und dort ermordet wurden.
Für seinen Roman hat sich Ron Segal zahlreiche Zeitzeugeninterviews von Steven Spielberg angesehen, die alle digitalisiert sind. Daraus hat er die Figur seines Protagonisten Adam Schumacher entwickelt. Seine Erinnerung an seine Liebe zur Harfenspielerin Bela, aber auch die Erlebnisse, die er und seine Familie, weil sie Juden waren nach der Pogromnacht erleben mussten, der Aufenthalt in verschiedenen Konzentrationslagern bis hin zur Befreiung…
Ron Segal liest den ersten Teil an diesem Abend in Hebräisch vor, der Sprache, in der er seinen Debütroman auch geschrieben hat. Danach liest er Ausschnitte aus der „hervorragenden Übersetzung“ von Ruth Achlama.
Anschließend ermuntert der jüdische Schriftsteller das Publikum ihn zu befragen. „Sie dürfen mich alles fragen“, sagt er. „Ich habe inzwischen über 100 Lesungen in Deutschland und Österreich durchgeführt, und auf alles geantwortet. Von der Frage wie viele Kinder ich habe, bis wie viel Geld ich für diese Lesung bekomme.“
Doch dies interessiert an diesem Abend weniger. Eher die Frage, ob er nicht verrückt geworden sei, bei der Materialsammlung, dem Sehen der Zeitzeugeninterviews?
Zwei Dinge hätten ihn davor bewahrt, so Ron Segal. Der typische jüdische Humor, mit dem so mancher Zeitzeuge das Geschehen für sich verarbeitet habe, sowie die zeitgleiche Vorbereitung auf den Berlin-Marathon. „Zwischendurch war ich immer zu Hause in meinem Alltag“, erzählt der Autor. „Dadurch ist mir letztlich beides gelungen: den Roman zu schreiben und den Marathon zu laufen.“
Auf Grund der aktuellen politischen Situation in Israel kommt auch die Frage, ob er Probleme gehabt hatte bei seinen Lesungen seit dem 7. Oktober 2023. Die habe es nicht gegeben, aber er habe erstmals Lesungen unter Polizeischutz durchgeführt. „Ich bin doch keine Synagoge oder jüdische Einrichtung“, stellt er fest. Denn diese werden in der Regel in Deutschland bewacht.
Doch an die bewachten Lesungen werde er sich wohl gewöhnen müssen. Auch in Perleberg sah kurzzeitig eine Polizeistreife vorbei.
Aber Ron Segal hat auf Grund des aufsteigenden Antisemitismus für sich und seine Familie die Frage gestellt, ob sie in Berlin bleiben möchte. „Ich fühle mich nicht mehr so wohl!“ Dabei berichtet er von Pro-Palästinensischen Demonstrationen in seiner Straße bei denen es viele antisemitische Äußerungen gebe.
Im zweiten Teil des Abends berichtet Ron Segal über die Entstehung seines Animationsfilmes. Er zeigt die ersten Figurenentwürfe und zeigt abschließend einen Trailer, der neugierig macht.
Bibliotheksleiterin Susann Fritz lädt Ron Segal daher erneut nach Perleberg ein, um dann hier seinen Film vorzustellen.
Für die Rolandstadt gestaltet sich der Mittwochabend zu einer erfolgreichen Auftaktveranstaltung im Rahmen der Themenwoche „Jüdisches Kaleidoskop“, an der Perleberg das erste Mal teilnimmt.
Bild zur Meldung: Foto: ROlandstadt Perleberg | Ron Segal in der Stadtbibliothek BONA